Das Ende der Safari?

Den Stop in Kigali nutzten wir unter anderem für die dringend nötige Wäsche. Ein großer Sack Wäsche von uns dreien geht zum Waschservice. Als wir nach 2 Tagen den Status der Wäsche erfragen, wir wollten eigentlich am nächsten Tag weiter, erfahren wir, das diese noch nicht trocken wäre. Nun ja die muss ja eigentlich fast trocken sein, denken wir uns lassen sie uns zeigen. Die Wäsche hängt klatsch nass draußen auf der Leine! Ersteres überrascht weniger, es hat jeden Tag mindestens einen Wolkenbruchartigen Regen gegeben und der letzte ist erst eine Stunde her. Auf die Frage wie denn die Wäsche hier draußen vor dem Ende der Regenzeit im März jemals  trocken werden soll erfahren wir, das es ja manchmal auch vorkäme, das es mal einen Tag nicht regnet und dann würde sie schon trocknen. Kann halt ein paar Wochen dauern. Es ist schon krass auf wieviele geistige Tiefflieger man hier trifft.

Wir hängen die Wäsche in ein unbenütztes Zimmer um und am nächsten Tag raus in die Sonne. Diese scheint hier so intensiv, das die Wäsche tatsächlich sehr schnell trocknen kann. 

Ach ja und dann war da noch die Sache mit den Aufklebern

Wir versuchen in jedem Land einen Aufkleber mit der Landesflagge für unsere Koffer zu bekommen. In Kigali bietet sich auch jemand an uns solche zu besorgen und auch gleich noch welche mit der ugandischen Flagge. Dort hatten wir auch keine bekommen. Zwei Stunden später taucht er wieder auf mit ein paar Rollen bunter Klebefolie und einem „Experten” für die Erstellung von Nationalflaggen aus Klebefolie. Zwischenzeitlich suchen wir dann mal Bilder der Flaggen heraus und zeigen dem „Experten“ wie seine eigen Flagge eigentlich aussieht.

Hier das Ergebnis:

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 Jeder Kindergarten hätte es besser hinbekommen. Wenn er dafür dann nicht auch noch $ 25 hätte haben wollen wäre es ja fast schon lustig gewesen. 

Den zusätzlichen Tag den wir durch die Wäscheaktion bleiben müssen nützen wir für einen Ausflug nach dem Lac Kivu an der westlichen Grenze Ruandas (dahinter kommt die D.R. Kongo). Wieder eine wunderschöne Fahrt durch die Ruandischen Berge.  

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Den schönen Ausflug müssen wir aber auf dem Rückweg bitter bezahlen. Die dunklen Wolken, auf dem Bild oben, entladen sich mit aller Macht. Da es aber schon Nachmittag ist und bald dunkel wird bleibt uns nichts als trotz Wolkenbruch weiter zu fahren. Klatsch Nass und durchfroren kommen wir in Kigali an – wo wir erst mal in der Rushhour landen. Mittlerweile sind wir aber hinreichend an den Afrikanischen Fahrstil angepasst, das uns das nicht mehr arg stresst. Es wird links und rechts überholt, durchgeschlängelt, das es eine wahre Freude ist. Selbst wenn sich auf einer eigentlich einspurigen Straße bereits 3 Fahrspuren gebildet haben ist immer noch Platz für uns um eine vierte zu eröffnen. Wenn wir wieder nach Deutschland kommen muss das irgendwie wieder anders werden 🙂

Tags drauf machen wir uns mit halbwegs trockener Wäsche auf den Weg Richtung Tansania. 

War gestern Abend auf den Straßen noch die Hölle los so erscheint Kigali an diesem Samstag morgen wie eine Geisterstadt. Wir sind praktisch die einzigen Fahrzeuge auf der Straße. Der Grund dafür heißt Umuganda. Umuganda kann als „Zusammen kommen um gemeinsam ein Ziel zu erreichen“ übersetzt werden. An jedem letzten Samstag Vormittag im Monat kommen fast alle Menschen in Ruanda innerhalb der Familie oder zu öffentlichen Tätigkeiten zusammen um gemeinsam für die Allgemeinheit zu arbeiten. Nicht schlecht was?

Für uns ist das natürlich perfekt. Bis zur Grenze sind es nur 2-3 Stunden und die ohnehin genialen Straßen gehören uns ganz allein. Ruanda ist auch in sofern das perfekte Motorradland – naja vielleicht mal abgesehen vom Regen.

Der Grenzübertritt nach Tansania kostet 50 USD ist aber ansonsten unproblematisch. Das Visum gibt es direkt an der Grenze. Ausserdem wird auch wieder auf der linken Seite gefahren. Ruanda war da seit Kenia die erste Ausnahme. 

Uns überkommt der Hunger. Am Straßenrand hat es ein kleines Restaurant in dem wir uns lecker was zu essen machen lassen. Pommes (Chipsi) in Ei, mal was neues aber lecker und ein Stück Ziege. Viel zu viel aber sehr lecker!

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Wir haben an der Grenze nur unsere restlichen Ruandischen Franc in Tansanische Schilling gewechselt und da sich bisher noch keine Bank mit Geldautomat gefunden hat sind wir etwas knapp bei Kasse. Ausserdem geht langsam das Benzin aus, tja und was auch sonst: Es regnet mal wieder. Eine Tankstelle gab es auch schon ewig nicht mehr. Uns bleibst nichts als mal wieder an dieser Luxuriösen Tankstelle unser letztes Geld in Schwarzmarkt Benzin zu investieren. 

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Im nächsten Ort, 100km weiter endlich wieder Sonne und eine Bank mit ATM. Meine beiden Karten spuckt der Automat sofort wieder aus, die von Daniel zu unserem Entsetzen gar nicht mehr. Das Gerät geht auf Störung und behält die Karte. Als weißer überall sofort aufzufallen hat aber auch seine Vorteile. Es dauert nicht lange da kommt ein netter Herr mit T-Shirt der Bank vor der wir stehen vorbei und fragt ob er uns helfen kann. Kann er und tut er auch. Er verschwindet in der Bank (es ist Samstag Abend!) repariert mal eben die beiden Geldautomaten und kommt nach 10 Minuten mit Daniels Karte wieder raus. 

Geld wird es aber dennoch nicht geben. Die Automaten akzeptieren keine Visa. Tja, dann müssen wir es eben erst mal mit unseren Dollars versuchen. Das ist aber nicht so ganz einfach, denn in Tansania stoßen wir erst erstmals auf echte Sprachprobleme. Bisher sind wir so ziemlich überall gut mit Englisch durch gekommen. Hier findet sich nur gelegentlich mal jemand der Englisch spricht. Es wird Zeit mal ein paar Worte Suaheli zu lernen.

Das Hotel wollen wir in Dollar zahlen aber das will auch nicht so recht klappen. Die Gute spricht auch kein Englisch und zeigt mir ständig ihre Handynummer. Schließlich wird mir klar: Sie will das wir per MPESA bezahlen. MPESA ist ein auf Handy basierendes Bezahlsystem, das in ganz Ostafrika sehr verbreitet ist. Wo wir in Deutschland seit Jahren diskutieren ob man so was überhaupt braucht und wenn ja dann wie es zu nützen wäre und Sicherheit und so weiter ist man in Afrika schon sehr viel weiter. Ich weiss nicht genau wie MPESA funktioniert aber natürlich haben wir keins. Da geht die Tür auf, es kommt ein Beamter der Tansanischen Wasserbehörden herein und der spricht nicht nur fließend Englisch sondern wechselt auch mal eben unsere Dollar in Schilling. Geht doch.

Für den Weg durch Tansania hatten wir uns nach langem überlegen und viel Recherche für den längeren und sicherlich weniger interessanten Weg über die Asphaltstraße entschieden. Wirklich belastbare Informationen über den Zustand der Alternativen Strecke zu bekommen war nicht möglich und aufs gerade Wohl einige 100km auf schlechten Straßen zu fahren war uns einfach zu gefährlich. Zudem war unklar wie es unterwegs mit unserer sowie der Versorgung unserer Bikes (Benzin) aussieht.

Also sind wieder einmal viele viele Kilometer zu fahren. Tja, Afrika ist groß, da bleibt das nicht aus. Die Berge Ruandas lassen wir bald hinter uns und damit auch endlich den Regen. Dafür brennt jetzt wieder die Sonne gnadenlos – man kann es uns halt nicht recht machen. Steppe und Buschland ersetzt nun die grünen Hügel. Wir sehen die ersten Baobab Bäume.

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und einige Traumhafte Aussichten auf das Buschland

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Weniger Traumhaft ist die Tansanische Polizei. Es dauert nicht lange, wir werden angehalten. Zunächst vermuten wir es es mal wieder eine dieser Polizeikontrollen wo der Polizist nur ein Schwätzchen mit uns halten will aber weit gefehlt. Wir waren zu schnell. 114km/h statt der erlaubten 50. Zahlen muss nur der erste obwohl wir natürlich alle gleich schnell unterwegs waren und es gibt auch nur einen Pauschalsatz von 15 Euro. Hält sich also in Grenzen. Blöder ist schon, das gar nicht wirklich ersichtlich ist wie schnell man so fahren darf. In den Ortschaften gilt 50, ok aber wo fangen die an und wo hören die auf?

An einem Staudamm müssen wir warten, ich mache den Motor aus. Als ich den Startknopf drücke gehen schlagartig alle Lichter am Motorrad aus! Das Motorrad startet nicht mehr! Mit Starthilfe von einem anderen Motorrad springt es zwar an aber läuft sehr unregelmässig, geht wieder aus, hat Zündaussetzer. Natürlich sind wir mitten in der Pampa, 110km bis zum nächsten Ort. Ich versuche trotz des schlecht laufenden Motors weiter zu fahren komme aber nur wenige Kilometer dann streikt der Motor endgültig.

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Bleibt nur abschleppen. Wir spannen ein Seil, das ich extra für solche Gelegenheiten eingepackt hatte zwischen Topher’s und mein Bike und ganz ganz vorsichtig geht es weiter. Bald geht es in die Berge. Enge Kurven und Rollsplitt sind nicht die besten Vorraussetzungen wenn man notgedrungen in 3 Metern Abstand hinter seinem Vordermann klebt. Es kommt wie es kommen musste, in einer Kurve kommt uns ein LKW entgegen und braucht natürlich die ganze Fahrbahn. Wir versuchen zu bremsen und auszuweichen aber es hilft nichts. Das Seil verwickelt sich in meinem Vorderreifen und ich liege auf der Straße. Fazit: Ein paar blaue Flecken, der immer noch schmerzende Fuß bekommt auch wieder mal was ab, Kupplugshebel gebrochen und einige neue Kratzer. Zum Glück also nichts ernstes. Wir lassen die Berge hinter uns und fahren vorsichtig weiter. Nicht vorsichtig genug: Die Polizei mal wieder. Dieses mal waren wir nur 64km/h schnell! Aber der Polizist lasst sich angesichts unserer Situation erweichen, wir müssen nicht noch mal zahlen.    

Die letzten 20km werden noch mal eine neue Herausforderung. Der Asphalt endet und es beginnt Straßenbau Baustelle. Wir fahren wo immer es geht auf der halb fertigen Straße müssen aber trotzdem immer wieder runter in Schotter und Sand. Aber wir schaffen es ohne weitere Schwierigkeiten und erreichen Iringa, suchen uns ein Hotel und beginnen mit den Spekulationen zur Ursache meines Totalausfalls. 

Am nächsten Morgen die ersten Tests. Mal startet das Motorrad und läuft und dann gibt es wieder Kurzschluss. Klar ist das die Batterie kaputt ist – aber warum? Wir vermuten einen Kurzschluss im Anlassermotor. Also wird dieser ausgebaut und wieder ein, und wieder aus…. hilft alles nichts. Am Ende des Tages versuchen wir das Motorrad mal durch anschieben zu starten. Es tut schreckliche Schläge im Motor aber sonst nichts.

Ich vermute einen Motorschaden. Der Absolute Gau, das Ende der Reise. Und damit nicht genug. Ich bin irgendwo in Tansania. Die einzig kompetente Hilfe wäre in Nairobi aber das sind vielleicht 1000km und eine Grenze weg von hier, ein Visum für Kenia hab ich auch keines mehr. Für mich bricht die Welt zusammen. Die Reise ist gescheitert, alles zu ende! 

Ok, erst mal ein paar Bierchen, Schlafen und am nächsten Morgen mit etwas mehr Hoffnung weiter suchen. Ich spreche mit Chris in Nairobi, was wenig hilft, Jelena hat einen KTM Händler in Tansania gefunden, ein lokaler Toyota Händler bietet Hilfe an. Die Internet Verbindung über das Handy ist sehr instabil, tut manchmal recht gut, dann wieder gar nicht. Schließlich erreiche ich jemanden bei BMW in Deutschland über Skype. Die Techniker dort sind sehr nett und hilfsbereit, schicken mir Tips und Auszüge aus dem Werkstatthandbuch aber es hilft alles nichts. Lichtmaschine, Ventile, Steuerkette…. Wir stellen eine sehr plausible Theorie nach der anderen auf – schrauben, gucken und verwerfen sie wieder.

Abends telefonieren sich nochmals mit BMW in Deutschland. Auch dort hat man sich Gedanken gemacht und ist zu dem Ergebnis gekommen das ein mechanisches Problem sehr unwahrscheinlich erscheint, wir die letzten zwei Tage in der ganz falschen Richtung gesucht haben. Schlicht nicht genug Strom über schlechte Kontakte am Starthilfe Kabel erscheint jetzt die beste Idee. Wir beschliessen morgen das Motorrad erst mal wieder zusammen zu bauen, eine der Batterien aus den Motorrädern der Andren einzubauen und es noch mal zu versuchen. Um 10 Uhr ist alles bereit und mit Schweiß auf der Stirn drücke ich den Startknopf. Der Motor dreht und springt an!

Es hätte so leicht sein können! Wir haben uns 2 Tage lang von der ersten, richtigen Spur abbringen lassen. Jetzt also nur noch eine neue Batterie finden und alles wird gut!

Eine Batterie für große Motorräder gibt es hier natürlich nicht. Die einzigen Mopeds die es hier gibt sind kleine 125er mit Kickstarter. Ich brauchen eine gute 14 Ampere Batterie, das beste was sich finden lässt sind aber nur 9 Ampere. Tja, dann nehmen wir halt zwei! 

Die eines passt recht gut an die Originalstelle, die andere muss halt ins Topcase. Ein paar fette Kabel um das ganze zu verbinden finden sich auch.   

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Noch einmal der spannende Moment mit dem Startknopf – sie läuft! Nach 3 Tagen Zwangsstop kann es morgen endlich weiter gehen! Halleluja! Wieder mal ist ein Problem gelöst. Hakuna Matata – Es gibt kein Problem.

Ich finde, das ich langsam genug zum Abendteuerbereich Technik beigetragen habe. Wollen wir mal hoffen das es dabei bleibt.

 

Weichei.mp4 from David on Vimeo.

5 thoughts on “Das Ende der Safari?”

  1. Freue mich riesig das ihr das Problem gefunden habt und die Reise nicht in einem Disaster geendet ist … *ganz viel positive Energie schick*

  2. Bin zufällig über das f650 Forum auf diesen Reisebericht gestoßen. Einfach nur genial. Geile Tour. Weiterhin Gute Fahrt.

  3. … bin auch im GS-Forum durch Deine Fehlersuche wegen der Panne auf Deinen Reisebericht gestoßen und natürlich sofort mit dabei. Wünsche euch weiterhin eine gute Weiterreise und immer mindestens eine Handbreit Luft unter den Spiegeln!

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