Hell Road?

Rote Erde, Buschland, gedrungene Bäume, Grün vor blauem Himmel, Termitenhügel schrauben sich wie umgekehrte Tornados in den Himmel.

Wir haben die nächste Landschaftsregion Afrikas erreicht als wir uns der Kenianischen Grenze nähern. Fahrerisch anspruchsvoll aber traumhaft schön ist die Straße, die uns aus den Äthiopischen Bergen in die Savanne, das Buschland bringt.  

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Das Fahren auf den Dirt Roads haben wir inzwischen alle sehr gut unter Kontrolle. Wo uns früher Sand noch Angst machte fahren wir heute locker einfach nur drüber. Aber anstrengend bleibt es, besonders für den letzten von uns drei, der den Staub der beiden andern abbekommt. Vorne zu fahren macht richtig Spass, Mitte geht so, hinten ist hart. An Kontaktlinsen ist überhaupt nicht zu denken. Viel Landschaft angucken geht auch nicht. Wir wechseln stündlich die Positionen durch und machen, auch zur Schonung des Materials viele Pausen.

Daniels Kofferträger muss mittlerweile schon zum 3. mal zum Schweißen.

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Wildtiere gibt es auch die ersten zu erwähnen: Strauße, eine Familie mit vielen kleinen mini-Straußen, immer wieder mal Affen, und später Springböcke. Wir kommen an dem ersten Verkehrsschild vorbei, das vor Elefanten warnt. Alle Köpfe gehen hoch und drehen sich in alle Richtungen aber noch ist nichts zu sehen – kommt noch.

Wir machen in Mega, 100km vor der Grenze Station. Bis hierhin die vielleicht beste Straße, die wir in Afrika bisher gefahren sind. In einer Pension beziehen wir zwei Zimmer und werden einmal wieder mit Äthiopischer Preisgestaltung konfrontiert. Einerseits werden eindeutig Ferenji Preise verlangt und dann soll das Zimmer, das ich mir mit Daniel teile auch noch teurer sein als das identische, das Topher allein belegt. Wird ein Zimmer von 2 Männern belegt wird es teuerer als bei einem Paar. Das soll mal einer verstehen. Zähneknirschend zahlen wir und freuen uns darauf dieses Land morgen endlich zu verlassen.

17 Tage waren wir nun in Äthiopien. Länger als ich erwartet hätte. Äthiopien hinterlässt recht gemischte Gefühle: Die Sehenswürdigkeiten und Landschaft sind grandios. Das erste kennenlernen mit einem afrikanischen Land ausserhalb der Arabischen Welt, die teilweise erschreckende Armut, völlig zerlumpte Menschen, Kinder von vielleicht 3 oder 4 Jahren, die alleine Tiere hüten. Unglaubliche Mengen an Menschen und Tieren. Überall. Schamlose Neugier. Mit breitem Lächeln an den Helm geworfene Steine. Offene Diskriminierung von Weißen.

Diese Land hat für den, der es das erste mal Besucht und wie wir es nicht nur aus dem klimatisierten Reisebus heraus betrachtet jede Minuten neu, fremde und teils schwierig zu verstehe Eindrücke. Wohl auch deshalb und nicht nur wegen der anstrengenden Fahrten auf staubigen Straßen fallen wir meist schon früh tot müde ins Bett.

Einen Kommentar zum Thema Entwicklungshilfe muss ich noch loswerden: Die praktisch einzigen Privatautos, die man auf den Straßen sieht sind nagelneue Jeeps der Hilfsorganisationen. Auf manchen Straßen folg ein Schild eines Hilfsprojekts dem nächsten. Seit Jahrzehnten wird durch hunderte Organisationen Geld in dieses Land geschoben. Das zeigt Folgen: Parktisch jeder, den wir sehen sei es im Vorbeifahren oder im direkten Kontakt hält zunächst mal die Hand auf. „Give me Money, Give me Cloth, Give me, Give me, Give me, Birr, Birr, Birr” (Äthiopische Währung). Weiße dienen dazu Geld und Material zu liefern und haben das gefälligst auch zu tun. Wir unterhalten uns mit Oliver, der hier eine Farm betreibt. Er erzählt uns einiges über das Leben als Weißer hier, die Bürokratie, etc. aber auch den Einfuß der Hilfsprojekte. Bildung ist zweifellos wichtig. Aber wenn keiner zu den Informationsvorträgen kommt dann ist es nicht zielführend dem Landarbeiter dafür den 3 fachen Tagelohn zu bezahlen, das er sich einen Tag lang anhört, das er seine Frau nicht schlagen soll.
Dieses Land ist in völliger Untätigkeit und Abhängigkeit versunken. Der Westen macht ein „Hilfe zur Selbsthilfe“ Projekt nach dem anderen und erhöht damit die Abhängigkeit jeden Tag mehr.

Die 240km von Moyale, der Grenze nach Kenia gelten unter Overlandern als die schwierigsten Afrikas. Aber zunächst liegen noch 100km Asphalt vor uns – dachten wir. Aber nach kurzem beginnt „Hell Road Part 1“. Die Straße wird neu gebaut. Tiefer weicher Sand, so fein, das er wie Wasser zu fließen scheint durchfurcht von Spurrillen. Absoluter Horror.  

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Der Versuch im Busch an den Sandstellen vorbei zu kommen klappt nur schlecht und ist durch das dornige Gestrüpp ist gefährlich für die Reifen und uns. 

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Gelegentlich kann man auf die neue Straße ausweichen aber auch da muss man erst mal hin kommen.

Roter Sand from David on Vimeo.

Wir schaffen es bis zur Grenze ohne Umfaller. Die Grenze ist wie erwartet erfreulich unproblematisch und absolut kostenlos! Also: los geht’s auf die „echte“ Hell Road.

Noch in Kenia eben einkaufen. Es ist alles so viel bunter, frischer und freundlicher als in Äthiopien. Die erdrückende Armut wird einem erst angesichts dieser Bilder wieder so richtig bewusst.

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Äthiopien verlassen zu haben ist für uns alle eine gewisse Erleichterung. Kenia ist in vielerlei Hinsicht ein deutlich angenehmeres Reiseland. Die Menschen sind erstens sehr viel weniger und nicht ständig auf der Straße. Sie sind zwar auch neugierig aber wesentlich weniger aufdringlich dabei. Tiere grasen in der Wiese neben der Straße – was ja auch irgendwie wesentlich mehr sinn macht. Kenia gefällt uns sehr auch wenn es leider deutlich teurer ist.

Weiter geht es auf die eigentliche Moyale Road. Auch hier wird an der Straße gearbeitet. In den nächsten Monaten soll die ganze Strecke mit Teer überzogen werden. Damit ist die Moyale Road endlich Geschichte. Glücklicherweise führen die Bauarbeiten auf Kenianischer Seite zu weniger langen und tiefen Sandpassagen. Alles in allem ist die Strecke gar nicht so schlecht zu befahren aber 240km Gravel sind halt sehr sehr lang. Zwischen durch ist immer mal wieder ein Stück bereits fertig asphaltiert was sehr gerne angenommen wird. Den schlechten ruf hat sie sicherlich vor allem der Länge zu verdanken. Ausserdem treffen hier viele Overlander zum ersten mal auf Dirt Roads. 

 

Road Closed from David on Vimeo.

 

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Nachmittags schlagen wir uns mit den Moppeds irgendwo in den Busch und schlagen dort unsere Zelte auf. Beim manövrieren zwischen den Bäumen und Büschen bleibt Topher an einem Baum mit dem Koffer hängen: Wir haben mal wieder etwas zum ausbeulen:

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 Wir krigen den Koffer wieder halbwegs hin. Zumindest lässt sich der Deckel wieder schließen.

Ein wirklich schönes Buschcamp und lecker Abendessen

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Am nächsten Tag weiter, Moyale Road Teil Zwei nach Marsabit. Nach wenigen Kilometern taucht Asphalt auf – und bleibt bis Marsabit erhalten. Ca. die hälfte der Moyale Road ist bereits fertig Asphaltiert. Damit fällt zwar wieder einmal ein Abenteuer auf der Afrikadurchquerung weg aber ich denke darauf kann ich ganz gut verzichten. Wir hatten auch so genug Dirt Roads.

Nach Marsabit ist ohnehin erst mal wieder für die nächsten 100km schluss mit Teer. Daniel kommt im Sand ins Schlingern und: Wir gehen dann mal wieder schweißen! Leider ist es diesmal damit jedoch nicht erledigt. die Verkleidung und die Scheibe haben einiges abbekommen. Darum werden wir uns in Nairobi in der Jungle Junction kümmern. Bis dahin muss Panzer Tape herhalten. Zum Glück passiert sonst nichts.

Steinewerfer gibt es immer noch. Irgendwo wird es mir mal zu bunt als gleich 3 Kinder zu Steinen greifen halte ich an und nehme die Verfolgung auf. Ein mir entgegenkommender LKW hat die Kinder auch gesehen und hällt ebenfalls. Gemeinsam jagen wir die Kinder in den Busch – erwischen sie aber natürlich nicht. Vielleicht ist es ihnen dennoch eine Lehre. Die Leute aus dem LKW entschuldigen sich vielmals für Ihre Landsleute. Das hätte es in Äthiopien auch nicht gegeben.

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und dann war da auch noch der Äquator! Wurde des Abends gebührend gefeiert!

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Ach ja, und irgendwie sind wir inzwischen ja schon ziemlich zu einem Team geworden. Wenn wir uns schon hinlegen, dann auch gleich alle gemeinsam:

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Nun sind  wir erst mal in der Jungle Junction, der Zentrale für alle Overlander angekommen. Etwas ausspannen, die weitere Route Planen, Wäsche waschen, neue Reifen, und ein paar Reparaturen. 

6 thoughts on “Hell Road?”

  1. Ich habe schon so auf das Update gewartet. Auch wenn ich denke es war schlimm genug, ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Der Verteiler… mitten im Niemandsland, die Route 9 für Autos nicht befahrbar. Es tut soo gut immer gleich auf den neusten Stand gebracht zu werden. Mögen die Dinge weiter so “gut” laufen, aber es ist ja nicht das Alltägliche, dass uns in Erinnerung bleibt und formt. Vielen Dank und liebe Grüße an Alle

  2. Es muss beeindruckend sein in so kurzer zeit so viele verschiedene Landschaften, Menschen und Kulturen kennen zu lernen. Ich wünsche euch weiterhin eine gute Fahrt. Liebe Grüsse aus dem herbstlichen Gerlingen,
    Jelena

  3. Es ist immer schön deine Berichte zu lesen.
    Solch ein Abendteuer kann man nirgends Buchen
    und ist einmalig im Leben.
    Freud mich das alles bei euch so gut läuft !!!!

  4. Hi David,
    lese schon eine Weile mit, echt cool, was Du berichtest! Tolles Erlebnis, dass Du auch nie vergessen wirst und – na klar – hoffentlich kommst Du auch gut wieder nach Hause. Die Berichte sind gegenüber sonstigen Sachbüchern sehr authentisch, deswegen macht es mehr als doppelt Freude sie zu lesen. Habe weiterhin viel Spaß, der Ernst des Lebens (Du weißt was ich meine) kommt schnel genug wieder.

    So Long

    Mathias

  5. Hallo Brüderchen,
    liebe Grüße aus dem herbstlichen München. Ich verfolge deine Reiseberichte mit Begeisterung.
    Ich wollte mich nur auch mal melden und dir noch viel Spaß und gute Weiterfahrt wünschen.
    Hanna

  6. Hallo David,
    ist ja ire, was Du so alles erlebst. Das kann Dir keiner mehr nehmen. Ich bewundere Dich für diese Tour. Es macht sehr Freude Deinen Blog zu lessen. Authentisch und ehrlich.
    Weiter so und komm heil zurück.
    Gruß auch an Deine Begeleiter Uli

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